Schritt für Schritt durch die Frachtkostenabrechnung des Schienengüterverkehrs in SAP S/4HANA TM

Alexander Regin-Lück

Alexander Regin-Lück

Alle SAP TM Rail Vorteile auf einen Blick

In den letzten Wochen starteten wir unsere mehrteilige Blogserie über die Digitalisierung von Eisenbahn- und Versandprozessen mit Abbildung in integrierten Lösungen. Nachdem der Fokus in den letzten beiden Blogartikeln auf Stammdaten in SAP TM und Grundlagen sowie Planung von Waggons und Ladung lag, beschäftigen wir uns heute intensiver mit der Abrechnung von Eisenbahnprozessen in SAP S/4HANA TM.

In Folge des wachsenden Wettbewerbs und dem damit verbundenen Kostendruck nimmt für Unternehmen das Thema Frachtkosten eine immer größer werdende Priorität ein. Die Kostenstruktur soll effizient und transparent gestaltet werden können.

Die Basis der Frachtabrechnung bilden unterschiedliche Daten des Frachtauftrags, z. B. die Waggongattung, das Gewicht des Ladeguts, die Versandbahnstelle und die Empfangsbahnstelle. Damit all diese Parameter entlang des Transportprozesses transparent sind, wurde der normierte CIM Frachtbrief zum Austausch zwischen den am Transport beteiligten Parteien eingeführt. Anfangs noch als normiertes Papierformat, wird dieser seit geraumer Zeit auch für den digitalen Austausch in elektronischer Form genutzt. 

CIM Frachtbrief – Der Dreh- und Angelpunkt aller Bahntransporte

Das wichtigste Dokument im Schienengüterverkehr, bevor der Transport abgerechnet wird, ist der CIM Frachtbrief. Der CIM Frachtbrief (CIM: französisch „Règles uniformes concernant le Contrat de transport international ferroviaire des marchandises“) ist im Frachtgeschäft des Schienengüterverkehrs ein Warenbegleitpapier, welches beim Gütertransport mit dem Güterzug ausgestellt wird.

Beispiel für einen CIM Frachtbrief in Papierformat:

Beispiel für einen CIM Frachtbrief

Das Dokument ist Bestandteil des TM-Templates der leogistics. Nach dem Erreichen der Beladung wird das Event „Beladen Ende“ gesetzt und das CIM-Formular automatisch erstellt. Der Beleg kann im Frachtauftrag über den Tab „Ausgabemanagement“ eingesehen werden. Das SAP TM setzt auf Grund des Events „Beladen Ende“ (nach vollendeter Waggonbeladung) den Ausführungsstatus auf „In Ausführung“.

Eventbasierte Transportausführung

Wie in dem vorangegangenen Beispiel ersichtlich, basiert die Transportausführung in SAP TM auf Events.

Automatische Anpassung an Events

Nach jedem erfolgten Vorgang (z. B. Bahnwaggon wurde bereitgestellt, Zugausgang ist erfolgt etc.) wird ein Zeitstempel gesetzt. Der Zeitstempel beinhaltet das IST-Datum und die IST-Zeit als Ereignis. Der Dateninput der Events stammt hierbei aus anderen Systemen, z. B. myleo / tnt oder SAP Event Management. Die Daten werden an das SAP TM übertragen. Der Tab „Ausführung“ ist für einen Wageneinsatzplaner hilfreich, um jeder Zeit zu wissen, wo sich die Waggons befinden. Dank Track & Trace ist die Echtzeit-Beobachtung der Waggons möglich. Das Thema Track & Trace beleuchten wir im vierten Artikel der Blog-Reihe genauer.

Bei den Events ist zwischen erwarteten und unerwarteten Events zu unterscheiden. 
Beispiele für erwartete Events finden Sie im zweiten Artikel unserer Blogserie (s. https://www.leogistics.com/blog/s4hana-tm-schienengebundenen-transporte). 

Ein unerwarteter Event ist beispielsweise eine Störung auf der Zuglauftrasse mit Stillstand des Betriebs. Ein Transportplaner hat somit eine Übersicht über Störungen oder Verspätungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die weitere Transportkette. Bei Auftreten eines unerwarteten Events kann dieser z. B. automatisch über ein externes Eventsystem eingefügt werden. Das geplante Ereignisdatum der nachfolgenden Events wird sich dann automatisch in die Zukunft verschieben (um die Verzögerung durch das unerwartete Event). Außerdem kann das System zu Folgeaktionen durch den Transportplaner aufrufen bzw. je nach definierten Business-Regeln Folgeaktionen anstoßen.

Durch den Eintritt unerwarteter Events können sich zudem die im Voraus berechneten Frachtkosten verändern. Somit ist es in SAP TM möglich, Transporte event-basiert abzurechnen.

Darüber hinaus können in der Ansicht auch Notizen eingetragen, sowie Anlagen (z. B. Dateien) eingefügt werden. Beispielweise kann ein Wageneinsatzplaner eine Notiz hinsichtlich eines Schadens und Bildmaterial als Anlage hinzufügen.

Der Tab „Ausführung“ in der Waggoneinheit

Nachdem die Eingangsparameter für die Frachtkostenabrechnung aufgezeigt wurden, beginnen wir im Folgenden mit der Vorstellung des Frachtkostenmanagements in SAP TM.

Frachtkostenberechnung und -Abrechnung im Transportprozess

Mit Hilfe des folgenden Schaubilds wird dargestellt, wann in der Regel die Frachtkostenberechnung und -abrechnung im Transportprozess erfolgt:

Die Frachtberechnung und -abrechnung als Teil des Transportprozesses

Struktur des Frachtkostenmanagements in SAP TM

Das Frachtkostenmanagement in SAP TM teilt sich in die Bereiche Frachtberechnung und Frachtabrechnung auf.

Frachtberechnung

Der Aufbau der Stammdaten für die Frachtberechnung gliedert sich wie folgt:

1.Frachtvereinbarung
Frachtvereinbarungen stellen Verträge zwischen den Einkaufsorganisationseinheiten eines Unternehmens und den Logistikdienstleistern dar (Eisenbahnverkehrsunternehmen [EVU], Traktionsdienstleister u. a.). Es wird mindestens eine Frachtvereinbarung für jeden Logistikdienstleister als Stammdatum angelegt. Die nachfolgende Abbildung zeigt den Kopf der Frachtvereinbarung in SAP TM.

Die Kopfdaten der Frachtvereinbarung

2. Berechnungsschema
Bei dem Berechnungsschema handelt es sich um eine hierarchische Tabelle. Darin werden die einzelnen für die Berechnung relevanten TM-Kostenarten gepflegt. 

Das Berechnungsschema in der Frachtvereinbarung

3. Tarifpreistabellen und Staffeln
Tarifpreistabellen werden in Berechnungsschemas aufgerufen, damit Preise auf Basis konfigurierbarer Staffeln und Staffelwerten hinterlegt werden können.

Beispiel für eine Tarifpreistabelle mit Staffeln in der Frachtvereinbarung

In den Tarifpreistabellen werden für die Berechnung von Transporten je nach Produktionsart (Ganzzug / Wagengruppe / Einzelwagen) unterschiedliche Optionen verwendet, die wichtigsten sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

Berechnungsoptionen Beschreibung
Fixpreise Für Einzelwagen, Wagengruppen und Ganzzüge
Gewichtsgestaffelte Preise Für Einzelwagen und Waggongruppen.
Minimalpreise (Minimale) Für Züge und Waggons (z. B. in einer Gewichtseinheit wie Tonnen) sowie in Anzahl von Waggons pro Waggongruppe / Zug gibt es einen Minimalpreis (Minimale).
Alternativberechnung Abwägung zwischen zwei Staffelstufen, ob der Preis für die höhere Staffelstufe verwendet wird (falls der Gesamtpreis für einen Transport billiger ist). Es ist zu berücksichtigen, ab wann der höhere Staffelsatz günstiger ist (Break Even).
Regel- und Sonderzüge Der Regelzug wird Im Voraus festgelegt und sinngemäß „regelmäßig“ für den Bahntransport verwendet. Der Regelzug ist hinsichtlich der Berücksichtigung der Frachtkosten günstiger als ein Sonderzug. Ein Sonderzug wird zusätzlich zu einem Regelzug (meist einmalig) gebucht. Der Sonderzug ist in der Nutzung teurer als der Regelzug.
Standgelder von Leerwagen Stehen angemietete Wagen zu lange auf dem Werksgelände wird i. d. R. ein Standgeld berechnet. Das Standgeld kann z. B. nachträglich manuell in das Berechnungsschema der Frachtvereinbarung aufgenommen werden (event-basierte Frachtabrechnung). Zur Reduktion der Standgelder ist es für Unternehmen wichtig, Transparenz über die Standzeit der Leerwagen zu erhalten, d. h. die Bahnwagen werden pünktlich ein- und ausgebucht. Die leoRail Solution bietet eine solche Möglichkeit. Zur Kostenreduzierung und Vermeidung von Standgeldern setzen Unternehmen neben gemieteten Bahnwagen immer häufiger eigene Waggonflotten (Privatwagen) ein, deren Einsatz mit leoRailoptimal geplant werden kann (s. https://www.leogistics.com/blog/gut-gedacht-halb-gemacht).

Beispiel zum Minimalpreis (Minimalen): Waggongruppe mit Minimalpreis von 600 € pro Waggon und Preis pro t: 15 €

Waggon Gesamtgewicht der Ladung pro Waggon Gesamtpreis der Ladung pro Waggon
Waggon 1 30 t 30 t x 15 €/t = 450 € -> Minimalpreis: 600 €
Waggon 2 35 t 35 t x 15 €/t = 525 € -> Minimalpreis: 600 €
Waggon 3 40 t 40 t x 15 €/t = 600 €
Waggon 4 45 t 45 t x 15 €/t = 675 €

Für Waggon 1 und 2 greift der Minimalpreis in Höhe von 600 €.

Beispiel zur Alternativberechnung: Waggontransport mit einem Gesamtgewicht von 38 t

Gewichtsstaffel Preis pro t Gesamtpreis
ab 30 t 16,00 € 608 €
ab 40 t 15,00 € 600 €
Frachtabrechnung

Nach der Frachtkostenberechnung im Frachtauftrag wird i. d. R. nach Abschluss der Transportausführung die Frachtabrechnung gestartet. Mithilfe der Frachtabrechnung in SAP TM wird die Rückstellung der Frachtkosten ausgelöst und die Prüfung einer Rechnung vorbereitet, welche vom EVU für Transportkosten kommt. Die Frachtabrechnung beinhaltet eine Integration in die Materialwirtschaft, da die eigentliche Rechnungsprüfung in der Logistik-Rechnungsprüfung von SAP ERP (Modul MM) erfolgt. Die Übertragung der Daten des Frachtabrechnungsbelegs erzeugt Nachfolgebelege, u. a. eine Dienstleistungsbestellung und ein Leistungserfassungsblatt. 

Danach wird je nach Vereinbarung mit dem EVU die Erfassung der Eingangsrechnung und Rechnungsprüfung oder aber ein „Gutschriftsverfahren“ ermöglicht.

Vorschau auf das Finale der Blogserie

Nach dem umfangreichen Einblick in die Welt der Frachtkosten in SAP TM mit Fokus auf den Schienengüterverkehr geht es in dem vierten und letzten Teil unserer Blogserie u. a. um das Reporting in SAP TM sowie die Integration von SAP TM zu leoRail.  

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann verfolgen Sie unsere Blogserie oder sprechen uns direkt an.  

Bei Fragen zu diesem oder anderen Themen im Blog wenden Sie sich gerne an blog@leogistics.com

Nina Mallien 
Matthias Platzer 
Alexander Regin-Lück 
Consultants SAP Logistics 

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